SERVICEPAUSCHALE UND SPEICHERMEDIENVERGÜTUNG
Erstattungsanspruch gegen Telekomanbieter
Ist aus einem jüngsten OGH-Entscheid ein Anspruch auf Rückerstattung bezahlter Servicepauschalen und Speichermedienvergütungen gegen Telekomanbieter ableitbar? Dieser Frage widmet sich MANZ-Autor Matthias Strohmayer in seinem Fachbeitrag.

Telekomanbieter weisen mitunter bestimmte Preise (oft „€ 0“) für Mobiltelefone aus, verrechnen aber zusätzlich einen Betrag von € 3,- als „Speichermedienvergütung“ (A1) oder „Urheberrechtsabgabe/URA“ (Magenta, Drei). Der OGH hat in 4 Ob 86/21 g klargestellt, dass nicht der Endnutzer die Speichermedienvergütung iSd § 42b UrhG schuldet, sondern der Unternehmer, der das Handy erstmals in Verkehr gebracht hat.
Verrechnet der Unternehmer einen Betrag als Speichermedienvergütung an Endnutzer weiter, ist dieser Betrag Teil des Gesamtpreises des Handys. Zumindest für natürliche Personen ist er nämlich zunächst unvermeidbar und unvorhersehbar und muss daher jedenfalls von ihnen bezahlt werden, wenn sie das Handy erhalten wollen. Der Gesamtpreis des Handys ist daher als Einzelsumme inklusive Speichermedienvergütung auszuweisen, bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist.
Servicepauschale und Gesamtkosten
Viele Telekomanbieter verrechnen neben monatlichen Grundgebühren zusätzlich jährliche Servicepauschalen. Bei paralleler Vereinbarung unterschiedlicher Abrechnungszeiträume muss die Servicepauschale nach § 4 Abs 1 Z 5 FAGG (Art 6 Abs 1 lit e VR-RL) aliquot in den monatlichen Gesamtkosten und die Grundgebühr kumuliert in den jährlichen Gesamtkosten enthalten sein, bevor der Verbraucher durch einen Vertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist. Mit den „Gesamtkosten“ ist nämlich der Preis gemeint, den der Verbraucher insgesamt in dem betreffenden Zeitraum zu zahlen hat.
Der Begriff der „Extrazahlung“
Art 22 VR-RL regelt unter der Überschrift „Zusätzliche Zahlungen“: „Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht.“ Sonst habe der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung.
Speichermedienvergütung und Servicepauschale sind keine Entgelte für selbständige Zusatzleistungen, sondern notwendigerweise mit der Erfüllung des Vertrags verbunden: Der Unternehmer will sie erheben, ohne dass der Verbraucher dadurch einen über die im Angebot enthaltenen Leistungen hinausgehenden Vorteil erhält. Damit stellt sich die Frage, ob diese unter den Begriff „Extrazahlung“ iSd Art 22 VR-RL zu subsumieren sind.
Diese Frage ist nach Ansicht des Autors zu bejahen. Insbesondere setzt die Subsumtion einer Zahlung unter den Begriff „Extrazahlung“ nicht voraus, dass als Gegenleistung für diese Zahlung eine selbständige Zusatzleistung des Unternehmers vereinbart werden muss. Der Wortlaut des Art 22 VR-RL bezieht sich nämlich nicht auf eine zusätzliche Leistung des Unternehmers, sondern auf die zusätzliche Zahlung des Verbrauchers. Dafür spricht insbesondere, dass bei derartigen Extrazahlungen, die keine zusätzlichen selbständigen Leistungen vergüten, die von Art 22 VR-RL angestrebte Preistransparenz besonders gefährdet ist.
Letztlich wird die Frage der Subsumtion von Servicepauschale und Speichermedienvergütung unter Art 22 VR-RL bzw. der genaue Anwendungsbereich der Bestimmung durch den EuGH abschließend zu klären sein. Eine unterschiedliche Anwendung der VR-RL in den einzelnen Mitgliedstaaten stünde im Widerspruch zur Vollharmonisierung.
Rechtsfolgen und Erstattungsansprüche
Sind Servicepauschale und Speichermedienvergütung – wie vom Autor vertreten – unter Art 22 Satz 1 VR-RL zu subsumieren, muss der Verbraucher diesen Zahlungen ausdrücklich zustimmen. Ansonsten hat der Verbraucher gem Art 22 Satz 2 VR-RL Anspruch auf Erstattung dieser Zahlungen.
Die ausdrückliche Zustimmung iSd Art 22 VR-RL setzt voraus, dass der Verbraucher den Zahlungen jeweils durch einen eigens darauf bezogenen Erklärungsakt gesondert zustimmt. Erforderlich ist ein „Opt-in“ – beispielsweise durch Anklicken oder Anhaken. Soweit überblickbar, wurden diese Anforderungen bei der Vereinbarung von Servicepauschale oder Speichermedienvergütung von den österreichischen Telekomanbietern nicht erfüllt. Verbraucher, die ihre Verträge nach dem 13. 6. 2014 abgeschlossen haben, haben daher – bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung – gem § 6c KSchG Anspruch auf Erstattung dieser Zahlungen. Die Verjährungsfrist beträgt gem § 1478 ABGB 30 Jahre ab Zahlung.
Erstattungsanspruch gemäß FAGG
Während der Rückerstattungsanspruch nach § 6c KSchG (Art 22 VR-RL) unabhängig von der konkreten Vertragsabschlusssituation besteht, lässt sich dieser bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kumulativ auf Art 6 Abs 6 VR-RL (§ 4 Abs 5 FAGG) stützen. Demnach haben Verbraucher „die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Abs 1 Buchstabe e“ (bezieht sich somit auf „alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten“) nicht zu tragen, wenn der Unternehmer seiner Informationspflicht gem Art 6 Abs 1 lit e VR-RL (§ 4 Abs 1 Z 4 und 5 FAGG) nicht nachgekommen ist. Speichermedienvergütung und Servicepauschale stellen zwar keine „zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten“ dar, fallen aber nach Ansicht des Autors unter den Begriff der „sonstigen Kosten“.
Kein Telekomanbieter ist – soweit überblickbar – bisher seiner Pflicht zur Information gem Art 6 Abs 1 lit e VR-RL (setzt laut 4 Ob 86/21 g die Einrechnung in die ausgewiesene Einzelsumme voraus) betreffend Speichermedienvergütung und Servicepauschale nachgekommen. Verbraucher, die ihre Verträge nach dem 13. 6. 2014 im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen haben, können daher den Erstattungsanspruch neben § 6c KSchG auch auf § 4 Abs 5 FAGG stützen. Die Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre (§ 1478 ABGB).
Stark gekürzter Auszug des Beitrags „Servicepauschale und Speichermedienvergütung – Erstattungsanspruch gegen Telekom-Anbieter“ von Matthias Strohmayer aus der VbR – Zeitschrift für Verbraucherrecht. Den gesamten Text finden Sie in der Printausgabe VbR 1/2022.
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