WIENER LISTE ZUR REISEPREISMINDERUNG
„Corona ist kein Reisemangel“
Schimmel im Gorgonzola-Käse als Reisemangel? „Die Reklamationen werden immer kreativer“, beobachtet Eike Lindinger. Die „Wiener Liste zur Reisepreisminderung“ des Rechtsanwalts und Experten für Reiserecht ist soeben in vierter Auflage erschienen.

Vor 15 Jahren erschien die erste Auflage der vom Rechtsanwalt und MANZ-Autor konzipierten „Wiener Liste zur Reisepreisminderung“. Wie die österreichische Judikatur zum Pauschalreiserecht wächst auch die entsprechende Entscheidungssammlung seitdem beständig an. 800 Stichworte von A bis Z (sowie zusätzlich in einzelnen Schwerpunktbereichen) zu mehr als 1.000 ausgewerteten Entscheidungen finden sich in der im Juni 2021 erschienenen vierten Auflage.
Von Kuba-Reisen und Kreuzfahrten
Dem wachsenden Umfang ist es geschuldet, dass der MANZ Verlag von der bisher bei der „Wiener Liste“ gepflegten Spiralbindung abgegangen ist. Bei einer Stärke von mittlerweile mehr als 500 Seiten ist durch die Broschierung nun noch bessere Nutzbarkeit gewährleistet. Damit ist auch Platz für größere und damit einfacher lesbare Tabellen.
Alle drei bis vier Jahre erscheint das Werk in einer Neuauflage. Dazwischen finden sich neue Entscheidungen durch ein jährliches Update in der „Zeitschrift für Verkehrsrecht“. An der „Wiener Liste“ lassen sich unter anderem Reisetrends ablesen: „Als Reiseland hat Kuba zuletzt an Beliebtheit gewonnen“, erklärt Lindinger. Kreuzfahrten boomen, aber auch Studien und Rundreisen sind gut nachgefragt und entsprechend häufig Gegenstand von Mängelrügen.
„Besser als ein Reiseführer“
„Die Wiener Liste ist besser als jeder Reiseführer“, scherzt der Rechtsanwalt. „Sie zeigt die Bandbreite an möglichen Mängeln, die Prozesschancen und die den Klägern seitens der Gerichte zugesprochenen Prozentsätze.“ Die Reisenden erfahren Näheres und Wissenswertes über ihr Urlaubsland, das unter Umständen nicht in klassischer Reiseliteratur angeführt ist. Bei der Zielgruppen-Ansprache verfolgt der MANZ-Autor einen 360°-Ansatz: Die Judikatur-Sammlung richtet sich an Konsumenten und deren Rechtsvertreter ebenso wie an Beschwerdeabteilungen, Reiseveranstalter oder an Gerichte, die sich so schnell einen Überblick über die bestehende Judikatur verschaffen können.
Generell werden die Kläger sensibler – und wohl auch kreativer beim Finden und Geltendmachen von Mängeln. So kann selbst ein trockener Rasen im Hochsommer in südlichen Gefilden oder das in einer Schale anstatt in einer Tasse gereichte Heißgetränk in Äthiopien Anlass für das Begehr nach einer Reisepreisminderung werden. Die Gerichte allerdings folgen dieser Argumentation immer weniger. Lindinger: „Bei den ausgewerteten Entscheidungen wurde der zugesprochene Prozentsatz tendenziell häufiger als in der Vergangenheit mit Null oder im niedrigen einstelligen Bereich festgelegt.“
Von Pauschalreisegesetz bis Pandemie
Das mit 1. Juli 2018 in Kraft getretene Pauschalreisegesetz spielt aufgrund der Verfahrensdauer und aufgrund Corona-bedingter Verfahrensverzögerungen in der Judikatur vorerst noch eine geringe Rolle. Die bisherige reiserechtliche Rechtsprechung der letzten 25 Jahre im Hinblick auf Mängelbeurteilung und Mängelausmaß bleibt weiterhin anwendbar. Systematik und Grundsätze des Gewährleistungsrechtes des Pauschalreisegesetzes skizziert Lindinger im Textteil seines Buchs. Dort gewährt er auch einen Einblick in die Berechnung der Reisepreisminderung.
Die Pandemie fand keinen Eingang in die „Wiener Liste“: „Corona ist noch kein Reisemangel, bzw. gibt es hierzu – im Gegensatz zu Deutschland – noch keine österreichischen Entscheidungen. Rechtliche Fragen sind im Bereich der Verkehrssicherungspflicht angesiedelt, weshalb ich Corona ein eigenes Kapitel in meinem demnächst erscheinenden Buch zur ,Verkehrssicherungspflicht im Pauschalreiserecht‘ widme.“
Die vierte Auflage der „Wiener Liste zur Reisepreisminderung“ können Sie jetzt unter shop.manz.at bestellen.
Eine klare Leseempfehlung gilt auch der „ZVR – Zeitschrift für Verkehrsrecht“ – hier geht’s zum Kennenlern-Abo.