ENERGIERECHT UND RECHTSSICHERHEIT
Neue Regelung zur Strompreiserhöhung - ElWOG
Das durch die Novelle des § 80 ElWOG 2010 BGBl I 2022/7 eingeführte gesetzliche Preisänderungsrecht ist ein wichtiger Schritt zu mehr Rechtssicherheit, meint MANZ-Autor Herwig Hauenschild in seinem Fachbeitrag.

Energieversorgung mit Strom und Gas ist durch Dauerschuldverhältnisse geprägt. Entsprechend wichtig für die betroffenen Unternehmen und deren Kunden sind Regeln, wie Kostensteigerungen weitergegeben werden können. Bislang wurde von den betroffenen Unternehmen aus der Spruchpraxis der Regulierungskommission in „Nichtuntersagungsverfahren“ von Allgemeinen Lieferbedingungen jahrelang ein Änderungsrecht abgeleitet, das ausschließlich an die formalen Voraussetzungen des § 80 Abs 2 ElWOG, sohin eine Zustimmungsfiktion vergleichbar mit § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, gebunden sei.
Energiekosten und Energiewende
OGH 3 Ob 139/19s machte mit dieser Verwaltungspraxis der Regulierungsbehörde Schluss. Die Preisänderungsbestimmungen dürften keinesfalls unbestimmt im Sinne des Transparenzgebots des § 6 Abs 3 KSchG sein. Die Einhaltung der formalen Voraussetzungen für eine Zustimmungsfiktion reichten nicht aus. Als Folge davon wurden seitens der Energielieferanten neue Allgemeine Lieferbedingungen (AGB) erstellt, die die Möglichkeit zur Preisfestsetzung regelmäßig an Entwicklungen von Börsenindizes oder Großhandelspreisen knüpften.
Mit OGH 5 Ob 103/21 i hat der OGH jüngst noch engere Grenzen gezogen. Entgeltänderungsrechte müssten demnach im Detail vorausbestimmt sein. Auch eine sachliche Rechtfertigung für Entgeltänderungen ist gefordert und der Eintritt der Umstände für die Entgeltänderung darf nicht vom Willen des Unternehmers abhängig sein. Weiters wurde eine Zweiseitigkeit gefordert: Mit einer Erhöhung müsse auch eine Senkung, bei Eintreten entsprechender Umstände, vorgesehen sein. Angesichts stets neuer Verpflichtungen und Belastungen im Zuge der Energiewende führt dies jedenfalls bei neu hinzugekommenen oder nicht im Detail vorhersehbaren Belastungen für Energieversorger zu einem Dilemma.
Strompreiserhöhung und Strompreissenkung
Die jüngst erfolgten Änderungen im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), die nunmehr ein gesetzliches Preisänderungsrecht vorsehen, sind daher ein Schritt zu mehr Rechtssicherheit. § 80 Abs 2a ElWOG 2010 idF BGBl I 2022/7 lautet nun:
„(2a) Änderungen der vertraglich vereinbarten Entgelte von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmern mit unbefristeten Verträgen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen. Bei Änderung oder Wegfall des Umstands für eine Entgelterhöhung hat eine entsprechende Entgeltsenkung zu erfolgen. Verbraucher und Kleinunternehmer müssen über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit der Entgeltänderungen auf transparente und verständliche Weise mindestens ein Monat vor erstmaliger Wirksamkeit der Änderungen schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Informationsschreiben oder auf ihren Wunsch elektronisch informiert werden. Gleichzeitig sind Verbraucher und Kleinunternehmer darauf hinzuweisen, dass sie berechtigt sind, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären. Versorger haben dabei von der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellte Musterformulierungen zu verwenden.“
Auf dieses Änderungsrecht sind gemäß § 80 Abs 5 ElWOG die Bestimmungen des KSchG nicht anzuwenden, zwischen der Änderung und dem maßgebenden Umstand ist ein Angemessenheitskriterium festgeschrieben, das nicht näher ausgeführt wird. Im Zweifel wird man wohl davon ausgehen müssen, dass Entgelterhöhungen und -senkungen gemäß § 80 Abs 2a ElWOG entsprechend dem Umstand in jeweils gleichem Ausmaß erfolgen müssen.
Von den Stromversorgern zu den Gasversorgern
Die Neuregelung ist ein ganz wesentlicher Schritt zu mehr Rechtssicherheit. Dies ist neben den starken Preisschwankungen an den Energiemärkten insbesondere auch bedeutsam im Licht der Marktentwicklungen, der Energiewende und der damit einhergehenden, den Energielieferanten vom Gesetzgeber auferlegten Kostenbelastungen.
Wermutstropfen der Regelung ist, dass der Gesetzgeber trotz völlig gleichgelagerter Interessen eine entsprechende Regelung nur für die Stromversorger und nicht für die Erdgasversorger getroffen hat. Schon aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen wird eine vergleichbare Regelung im GWG 2011 kurzfristig ebenfalls einzuführen sein.
Stark gekürzter und bearbeiteter Auszug aus dem Fachbeitrag „Preisanpassungen bei Stromlieferungen – erste Überlegungen zum neuen § 80 ElWOG“. Den gesamten Text mit detaillierten Erläuterungen zur Vorgeschichte und zu den Neuregelungen finden Sie in der Printausgabe „ecolex 3/2022“.
Querverweise zur Norm in der RDB wurden automatisch mit dem MANZ Linkbutler erstellt.