Home RECHTaktuell Gastkommentare Vergütungsanspruch und Entgeltfortzahlung bei Quarantäne

VOM ARBEITSRECHT ZUM EPIDEMIEGESETZ

Vergütungsanspruch und Entgeltfortzahlung

Werden behördliche Maßnahmen nach § 7 oder § 17 EpiG angeordnet oder ist eine selbstüberwachte Heimquarantäne einzuhalten, sieht das Epidemiegesetz einen Vergütungsanspruch vor. In welchem Verhältnis steht dieser zur arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlung? Mehr darüber weiß MANZ-Autor Reinhard Resch.

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reinhard resch
© z.V.g.
Reinhard Resch
Universitätsprofessor und MANZ-Autor
Redaktion
Reinhard Ebner
Datum
17. Mai 2021

§ 7 EpiG ermächtigt zu behördlichen Absonderungsmaßnahmen gegenüber kranken sowie krankheits- oder ansteckungsverdächtigen Personen. Gem § 17 EpiG kann gegenüber Personen, die als Träger von Krankheitskeimen einer anzeigepflichtigen Krankheit anzusehen sind, eine behördliche Absonderung in ihrer Wohnung angeordnet werden. Der neue § 3b EpiG wiederum sieht eine selbstüberwachte (kurzfristige) Quarantäne nach einem positiven SARS-CoV-Antigentest vor.

Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei krankheits- oder ansteckungsverdächtigen Personen im Sinne des § 7 EpiG erfolgen dagegen nur präventive Abschottungsmaßnahmen. Es besteht bloß ein Verdacht, aber keine Krankheit im Rechtssinn und damit auch (noch) keine Arbeitsunfähigkeit. Gleiches gilt für die selbstüberwachte Heimquarantäne.

Vergütungsanspruch bei Quarantäne

§ 32 EpiG sieht bei Eintritt eines Verdienstentgangs durch die in Abs 1 genannten behördlichen Verfügungen einen Vergütungsanspruch „wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile“ vor. Der Anspruch soll nach dem Willen des Gesetzgebers „im Interesse des Gleichheitsgebotes“ sowohl Selbständigen als auch Unselbständigen zustehen. Es soll „der tatsächliche Einkommensverlust ersetzt werden“.

Aufschlussreich für das gesetzgeberische Konzept des § 32 EpiG ist die Regelung für den Fall der selbstüberwachten Heimquarantäne: Es „gilt für die Entgeltfortzahlung und den Ersatz § 32 sinngemäß“. Im Ordnungssystem des Epidemiegesetzes leistet der Arbeitgeber diesen Vergütungsanspruch dem Arbeitnehmer vor. Auf der Grundlage einer in § 32 Abs 3 EpiG vorgesehenen Legalzession kann er diesen zedierten Vergütungsanspruch direkt bei der Bezirksverwaltungsbehörde geltend machen.

Entgeltfortzahlung und Epidemierecht

Der Fokus der epidemierechtlichen Vergütung liegt in der Entschädigung bzw. Ausfallvergütung für die Erwerbsbehinderung, ob diese nun beim Arbeitnehmer eintritt oder beim Arbeitgeber, der aufgrund der Verfügung den betriebswirtschaftlichen Schaden hat. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollen anspruchsberechtigt sein. Der Gedanke der Gleichbehandlung war erklärtes Anliegen der Gesetzesverfasser.

Für die These einer endgültigen Tragung der Lohnfortzahlungskosten durch den Arbeitgeber aus der Entgeltfortzahlung findet sich in den Materialien zum Epidemierecht kein Hinweis. Das widerspräche auch der gesetzlichen Regelung, die einen Vergütungsanspruch für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer vorsieht. Dass der Anspruch nach § 32 EpiG ein eigenständiger ist und vom arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsanspruch losgelöst gebührt, wird unter anderem durch die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen untermauert: Bei grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführter Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gebührt keine Entgeltfortzahlung nach § 2 EFZG bzw. § 8 Abs 3 AngG. Der demgegenüber nicht weiter differenzierende und daher auch bei Eigenverschulden des Arbeitnehmers gebührende Vergütungsanspruch nach § 32 EpiG ist damit spezieller.

Der Vergütungsanspruch als lex specialis

Der originäre epidemierechtliche Anspruch auf Vergütung nach § 32 EpiG geht als lex specialis allfälligen arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsvorschriften vor. Dies folgt vor allem aus der Entstehungsgeschichte des § 32 EpiG und dem daraus ableitbaren Normzweck, aber auch aus dem Vergleich des § 32 EpiG mit den abweichenden Tatbestandsvoraussetzungen für die arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlung. Die maßgeblichen Entgeltfortzahlungstage auf Basis des § 32 EpiG kommen daher auch nicht aus dem Entgeltfortzahlungskontingent nach Arbeitsrecht.

Die für die Entgeltfortzahlungstage gefundene Lösung muss auch beim Zusammentreffen einer Verfügung nach den § 7 und § 17 EpiG mit vereinbarten Urlaubstagen gelten. Losgelöst von der Dreikalendertages-Regel des § 5 Abs 1 UrlG sollten daher für die Dauer eines Vergütungsanspruchs gem § 32 EpiG keine Urlaubstage verbraucht werden. Gleiches muss konsequenterweise auch für allfällige entgeltersetzende Leistungen nach den Sozialversicherungsgesetzen gelten, also für das Krankengeld. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlungstage im vollen Ausmaß zur Verfügung hat oder ob er diese zum Zeitpunkt der Verfügung nach dem Epidemiegesetz bereits verbraucht hat.

Stark gekürzter Auszug aus dem Fachbeitrag „Verhältnis Vergütung nach Epidemiegesetz zur arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlung“ von Reinhard Resch. Den ausführlich und kenntnisreich argumentierten Gesamtbeitrag des Universitätsprofessors für Medizin-, Arbeits- und Sozialrecht finden Sie in Ausgabe 04/2021 der Zeitschrift „ecolex“ sowie online auf rdb.at.

Querverweise zur Norm in der RDB wurden automatisch mit dem MANZ Linkbutler erstellt.

„Der epidemierechtliche Anspruch auf Vergütung nach § 32 EpiG geht als lex specialis den arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsvorschriften vor.“
REINHARD RESCH, JKU LINZ