SPRACHE UND RECHT
Eigenhändig oder zu eigenen Handen?
Schon Karl Kraus meinte: „Wer in Österreich einen Brief zur Post trägt, gibt ihn auf.“ Ob „eigenhändige Zustellung“ davor bewahrt? ÖJZ-Autor Robert Fucik hat da so seine Zweifel. Weshalb, das erläutert er in einer kurzweiligen Glosse zur Rechtssprache.

Eine Zustellung ist ein Vorgang. Vorgänge können zwar gewisse Eigenschaften haben, etwa ordnungsgemäß, (un)zulässig, (un)wirksam oder erfolglos sein, aber nicht jedes Adjektiv passt logisch zu einem Vorgang. Kann ein Vorgang denn eigentlich eigenhändig sein?
Nehmen wir an, ein Zustellorgan wird angewiesen, eine eigenhändige Zustellung vorzunehmen. Das kann im Grunde nur bedeuten, dass er oder sie die Zustellung eigenhändig (also selbst) vornehmen solle – was der Autorin der Zustellverfügung meist völlig gleichgültig ist. Nimmt man „eigenhändig zustellen“ ganz wörtlich, so umfasst dies ausschließlich einen Zustellvorgang, bei dem das Zustellstück dem Adressaten ausgefolgt (= ausgehändigt = von Hand zu Hand übergeben) wird.
Eigenhändig vs. zu eigenen Handen
Die Anweisung meint aber, dass die Zustellung nur an den Empfänger erfolgen soll, eben zu eigenen Handen. Nicht gerade fern vom papierenen Amtsdeutsch, aber sachlich zutreffend. Die Kurzfassung „Eigenhandzustellung“ scheint ebenfalls annehmbar. Aber eigenhändige Zustellung trifft es gar nicht und hat auch nicht einmal höhere sprachliche Eleganz. Die Verwendung der Floskel von der eigenhändigen Zustellung sollte daher aufgegeben werden, was ich auch mit eigenhändiger Unterschrift bestätigen würde.
Die sprachkritische Glosse von Robert Fucik findet sich in Ausgabe 19/2020 der „ÖJZ – Österreichische Juristenzeitung“. Das Original samt Fußnoten und Verweisen lesen Sie in der Printausgabe. Die „Sprache und Recht“-Glossen der ÖJZ-Redaktion sind darüber hinaus in Buchform im MANZ-Webshop erhältlich.